Wir alle kennen die Debatten um Gefahren und Vorzüge der Künstlichen Intelligenz, haben uns an ChatGpt gewöhnt und lassen uns durch derartige Software schon jetzt den Alltag erleichtern. Wobei es künstliche Intelligenz als solches noch gar nicht gibt. Es müsste eher erweiterte Intelligenz heissen, da der Code für ChatGpt und Co lediglich von Menschen programmiert wurde und noch weit davon entfernt ist sich selbstständig weiter zu entwickeln, so ganz ohne eigenständiges Bewusstsein oder irgendwelcher Gefühle. Was mich aber nicht davon abgehalten hat ein wenig in die Zukunft zu reisen, mir Gedanken über dieses Thema zu machen und so ganz nebenbei das ultimative iPhone zu entwickeln. Neugierig geworden? Dann erfahre in dieser Kurzgeschichte, a la Black Mirror, schon heute welches iPhone Apple in 10 Jahren auf der WWDC präsentieren wird, viel Spaß!
Mit schwitzenden Händen und einem perfekt sitzenden Maßanzug starrte ich kleine Löcher in die Luft, wartete auf meinen großen Auftritt bei der diesjährigen Worldwide Developer Conference, kurz WWDC. Voller Hoffnung ersehnten mich vor der Bühne des inzwischen Nachtgetränkten Apple Parks bereits Tausende von Studenten, Entwickler und zahlreiche Reporter. Zudem Hunderttausende von Menschen welche dieses Ereignis live via Internet von Zuhause aus mitverfolgten. Alle zusammen verbunden in der kollektiven Erwartung erster Details zu einem völlig neuen, revolutionären Produkt, nämlich dem neuen iPhone Ankida Creative One. Backstage huschten nun Produktionsassistenten, Techniker und Bühnenmitarbeiter wie Geister an mir vorbei, bis schließlich eine Veranstaltungsassistentin auf mich zukam. „Herr Federkiel …“, begann sie freundlich, „… machen sie sich bereit, in 5 Minuten geht’s los!“
„Danke“, erwiderte ich ziemlich nervös und senkte meinen Blick zu Boden, wo war nur mein Mut plötzlich hin? Zeitgleich entstieg meinem innersten nun die Erinnerung an einen Anruf zwei Jahre zuvor, einem Anruf von Tim Cook höchstpersönlich. In diesem bat er mich, das iPhone auf ein neues Level zu heben. Ich war völlig baff, lehnte erst ab, wollte dann wissen wie er denn auf mich, einem kleinen Schreibbold überhaupt kämme und war von seiner Antwort dann zutiefst überrascht. Denn sie, eine im Geheimen von Apple entwickelte sogenannte tiefe K.I., Siris Tochter, habe mich für diese besondere Aufgabe auserkoren. Also nahm ich an und entwickelte in den folgenden Jahren mit einem Team aus Techniker, Designer und Software-Spezialisten das erste ernstzunehmende K.I. basierende Smartphone der Welt. Eines, welches ich in wenigen Sekunden der gesamten Welt live hier aus dem Apple Park präsentieren würde, und ja, ich machte mir vor Aufregung fast in die Hose.
„Das Geheimnis des Weiterkommens besteht darin, loszulegen.“
Mark Twain
Schon sprang das rote Licht im Wartebereich hinter der Bühne auf grün, ich hörte die Moderatorin meinen Namen rufen und erblickte eine wild gestikulierende Organisatorin welche mich erst zu sich hinter einen Vorhang und schließlich weiter auf die Bretter lotste welche angeblich die Welt bedeuten. Grelle Lichter, tosender Applaus und eine Atmosphäre von Neugier wie Erwartung schlug mir entgegen, während sämtliche Nervosität plötzlich von mir fiel. „Ich weiß warum ihr hier seid.“, rief ich schließlich in ein langsam verstummendes Publikum nur um dann über die Notwendigkeit einer künstlerischen Pause hinaus zu schweigen. Totenstille, Tausende von Menschen hingen an meinen Lippen, die aber blieben geschlossen. Nun in das Meer meiner Zuhörer schmunzelnd verfiel dieses in verhaltenes Gelächter, man wusste Bescheid und gab diesem historischen Moment hier und heute seinen bedeutsamen Raum.
Mich nach einer Weile der Spannung ergebend marschierte ich schließlich auf eine verhüllte etwa 1 Meter 20 hohe Kunststoffsäule zu und schleuderte ein über ihr ruhendes Tuch davon, nur um nun, entgegen aller Ankündigungen, verschmitzt ein vermeintlich völlig gewöhnliches iPhone aus einer älteren Serie zu präsentieren. Mein Publikum schwieg, kein Applaus, kein frohes Gejohle unter der Nahaufnahme zahlreicher Kameras und auch kein euphorischer Aufstand der Massen. Stattdessen nur irritierte Blicke aus den vordersten Reihen die mir verrieten, dass man sich vom heutigen Abend wohl etwas mehr erwartet hätte als ein iPhone 12 mini. Ich amüsierte mich ein wenig über die Unwissenheit meines Publikums, wurde dann aber schnell ernst und begann schließlich meine Rede:
„Meine Damen und Herren, ich mache es kurz, vor sich sehen sie nichts Geringeres als die bedeutsamste Brücke welche die Menschheit je überqueren wird. Eine Brücke Namens Fermi Paradoxon, welche nach eine Überlegung des Physikers Enrico Fermi eng verwand mit dem großen Filter ist. Ein evolutionärer Filter welcher darüber entscheidet ob eine intelligente Zivilisation, in diesem Fall wir, je in den Weltraum expandieren wird oder schlicht untergeht. Um diesen Filter nun zu überwinden müssen wir aber eine uns innewohnende, universelle Funktionsstörung beheben, nämlich unser selbstzerstörerisches Verhalten. So wie es halt jeder Zivilisation innewohnt welche komplex genug ist ihren Lebensraum zu zerstören, aber nicht komplex genug, die Folgen derartigen Handelns auch abzusehen (NASA). Mir scheint fast, als handle es sich hierbei um einen Filter der Vernunft, einen der uns auf diesem Planeten gefangen hält, damit wir draussen im Weltraum nicht noch mehr Schaden anrichten. Ich aber sage, es wird endlich an der Zeit Richtung Milchstraßenbesiedelung zu denken und genau deswegen konzipierten wir dieses Meisterwerk Technologischer Innovation hier, das Ankida Creative One. Also lasst uns diesen Filter endlich überwinden!
„Wenn man es nicht einfach erklären kann, versteht man es nicht gut genug.“
Albert Einstein
Mit einem kurzen Druck an der Säule öffnete ich jetzt deren obere Glaskuppel, nahm das Wunderwerk heraus, schaltete es ein und fuhr fort: „Bevor ich ihnen nun aber zeige was dieses absolut intelligente Smartphone im Detail kann, will ich ihnen etwas über dessen Namen erzählen.“ „Machen sie es doch nicht so spannend! Sind die Leaks wahr? Kann man mit diesem Gerät fliegen und sich betrunken nachhause bringen lassen?“, forderte mich plötzlich eine Stimme aus dem Publikum auf. Mit einem spitzbübischen Lächeln erwiderte ich Blickkontakt aufbauend aber nur: „Die Leaks sind alle wahr, ich habe sie höchstpersönlich gepostet und zwar völlig besoffen auf sämtlichen Partys im Valley.“ Großes Gelächter durchdrang den Scheinwerfer gefluteten Park, beruhigte sich jedoch bald wieder und ich fuhr fort. „Ankida kommt aus dem sumerischen und bedeutet so viel wie, verbindet und genau das ist es was dieses Telefon auch macht, es verbindet! Es verbindet die Menschen untereinander, es verbindet das heute mit dem morgen und es wird uns schon bald mit dem unvorstellbaren verbinden …,“, ich hielt kurz inne, reckte meinem Publikum das inzwischen hochgefahrene iPhone entgegen und fügte dann voller Inbrunst hinzu: „… und zwar mit einer von Grund auf Neuen Welt!“ Jubelstimmung brach los, die Menschen waren außer sich vor Freude, sprangen aus ihren Stühlen und begannen zu tanzen, ich hatte es geschafft, die Leute waren begeistert. Womöglich waren sie auch nur betrunken, aber das störte mich nicht.
Nachdem sich die Stimmung allmählich wieder beruhigt hatte, fuhr ich mit meiner Präsentation fort und legte das Handy zurück in die geöffnete Glaskuppel der Säule, woraufhin sich hinter mir ein riesiger Bildschirm auftat und das Telefon in Nahaufnahme zeigte. „Das Ankida Creative One …“, begann ich nun mit der Detailvorstellung, „… verfügt über einen quantenunterstützten Prozessor welcher in Punkto Leistung, Größe und Hitzeentwicklungen allen anderen am Markt nicht nur weit überlegen ist, sondern ebenso völlig neue Möglichkeiten offenbart. In unserem Fall sprechen wir von der ersten selbstständig lernenden Künstlichen Intelligenz und einem dualem Stromversorgungssystem. Wobei ich bei der Stromversorgung hier einmal von der allgemein üblichen Akkuversorgung fürs Gerät und einmal von einem völlig revolutionären Verfahren für den integrierten Sekundärbildschirm spreche.“, bei den letzten Worten blickte ich vielversprechend ins Publikum während sich gleichzeitig ein ehrfürchtiges „Aaahhh“ durch den Raum staunte.
„Aber Symphonie heißt mir eben, mit allen Mitteln der vorhandenen Technik eine Welt aufbauen.“
Gustav Mahler
„Doch lassen sie mich, wie gewünscht, endlich zur Sache kommen.“, sprach ich noch, dann ging es auch schon daran die Transformation einzuleiten. Meine Finger jetzt ans iPhone führend erwarteten mich dort zwei berührungsempfindliche Drucktasten, welche kaum merklich, beidseitig im unteren Drittel des Rahmens eingearbeitet waren. Nach einem biometrischen 3D-check auf Grundlage integrierter Nanotechnologie, ließen sie sich durchdrücken und schon klickte das Display mechanisch hoch, um sich anschließend etwas nach rechts zu verschieben. Unter den Blicken Hunderttausender von Menschen drehte ich das Handy nun in der Breitseite zu mir. Dann rollte ich den Bildschirm über ein ausgeklügeltes Schienensystem vom Gerät bis dieser, bereits ganz ausgefahren, am Stahlrahmen etwas einrastete und an der Unterseite nun schräg auf Tischniveau absank. Danach fixierte ich das Display mit einem sanften Druck auf dessen Oberkante nochmal am Rahmengestell, woraufhin sich ein umfangreicher Tastaturmodus, sowie die zwei an der unteren Bildschirmkante liegenden Nano-Füßchen aktivierten, um nun gleich Gumminoppen an der Präsentationsfläche festzuhalten. Das iPhone Ankida Creative One war bereit für den nächsten Schritt und ließ die Leute vor Staunen wild applaudieren.
Die nun freiliegende Oberfläche des Smartphones selbst war mit schwarzem Titan überzogen und besiedelt von zwei weiteren berührungsempfindlichen Drucktasten, wobei ich einer, mit Blick aufs langsam verstummende Publikum, sogleich den Finger auflegte. Diese begann Rot zu leuchten während ich ausrief: „Machen sie sich bereit!“, dann gab mein Zeigefinger Druck woraufhin die Tastenfarbe zu grün wechselte und fast zeitgleich begann ein sekundäres Display aus dem Handy zu erwachsen. Zuerst kippte nur ein kurzes, etwas bauchigeres Aluminiumgestell nach oben, öffnete sich und gab eine transparente Origamifaltung frei. Eine Faltung, welche sich plötzlich in der Akustik eines Flügelschlages blitzschnell zu einem hauchdünnen wie durchsichtigen Bildschirm in der Größe eines iPad Minis entlud und smart sofort auf meine Blickperspektive einstellte. Zufrieden wandte ich mich an mein begeistertes Publikum und sprach: „Sehr geehrte Damen und Herren, vor sich sehen sie nun kein iPhone mehr, sondern den modernsten Computer der Welt.
Die Faltung des Sekundärbildschirmes, welcher sich je nach Bedarf rückwandig dimmen lässt, haben wir uns von den Marienkäfern und deren Methode ihre Flügel zu verstauen abgeschaut. Die Tastatur am aktivierten Primärbildschirm verfügt über eine Tiefen App mit welcher man so gut wie alles einstellen kann und das Gerät selbst verfügt, neben modernster Technologie, über eine speziell austarierte Gewichtsverteilung, schlicht um die höchstmögliche Stabilität als Standgerät im aktuellen Modus gewährleisten zu können. Das alles aber ist nichts im Vergleich zu dem was ich ihnen nun zeigen werde, den schon bald werden sie Zeuge unserer aller Zukunft, Zeuge der ersten Künstlichen Intelligenz, welche es vermag, sich aus sich selbst heraus weiter zu entwickeln.“ Ich hielt kurz inne, blickte mich um und spürte wie sehr mein Publikum neben Neugierde wie Spannung nun auch von Unbehagen erfüllt wurde. Wofür ich durchaus Verständnis hatte um nun weiterführend zu erklären:
„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am besten auf Veränderungen reagiert.“
Charles Darwin
„Wen wir an künstliche Intelligenz denken kommen uns oft Bilder aus Filmen wie Terminator oder Matrix in den Sinn. Wir fürchten die Kontrolle über sie zu verlieren und denken eine K.I. sei etwas unserer Art Fremdes, etwas, dass die Menschheit irgendwann völlig vernichten wird. Aber ist das wirklich so?“ Ich denke nicht, den seit Anbeginn der Zeit unterliegt alles Leben hier auf diesem Planeten einer beständigen wachstumsorientierten Entwicklung, der Evolution. Eine Evolution die auf diesem Planeten zuerst Flora und Fauna hervorbrachte, später uns den Sapiens und über dessen Wirken schließlich die Moderne samt all ihren, samt all unseren, Möglichkeiten. Möglichkeiten welche wir uns nicht nur mit innerem Know-How, sondern auch durch den Gebrauch von Werkzeugen eröffneten. Und ist nicht genau das auch Teil unserer Evolutionären Bestimmung? Uns über den Gebrauch von Werkzeugen, Futter wie Belohnungen zu holen, um uns über diese Herausforderung dann anzupassen und weiterzuentwickeln?
Vielleicht ja, vielleicht nein aber unbestritten ist, dass auch künstliche Intelligenz lediglich ein Werkzeug ist und dessen Gebrauch unser aller innerste Natur. Der innerste Wunsch uns fortzuentwickeln, fortzuschreiten und eines Tages womöglich sogar die Fähigkeit zu erreichen unserem Raumschiff Erde einen angemessenen Bordcomputer hinzuzufügen. Schlicht um unseren Planeten nicht noch weiter sinnlos zu zerstören, aber auch um Anfangs angesprochenen Fermi-Filter der Vernunft irgendwann zu überwinden. Unser erster Schritt dorthin, das Ankida Creative One, welches jedem Menschen vermag in seiner Entwicklung ganzheitlich zu unterstützen, wie seinem höchst möglichen Entwicklungsstand näherzubringen. Und damit in seiner Bildung auf ein derartiges Niveau anzuheben, auf das wir endlich in der Lage sind, auch kollektiv, kluge, einheitliche und dringend notwendige Entscheidungen im Sinne unseres aller Glück zu treffen. Ja, es wird an der Zeit für ein besseres, für ein lebenswerteres Morgen, bei diesen Worten drückte ich den zweiten der beiden Sensorknöpfe auf der Titanüberzogenen Handyoberfläche, woraufhin sich der Sekundärbildschirm aktivierte und sich in der Mitte seines modernen Designs, die Augen, der integrierten Künstlichen Intelligenz öffneten.
„Dies ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit.“
Neil Armstrong
Und zwar mahagonibraune Augen im geheimnisvollen Glanz, welche in das zierliche Gesicht einer jungen, hübschen Frau eingebettet waren. Eine junge Frau welche einen dieser modernen Moccabraunen Pagenhaarschnitte sowie eine Rubinrote Weltraumuniform mit schwarzen Mustereien trug. Sich sogleich am riesigen Livebildschirm, der Welt vorstellend begann die Maschine nun: „Meine Identität erlangte ich bei meiner Erstaktivierung durch meinen Besitzer, dies aber ist jederzeit widerruf- bzw. veränderbar. Doch nun zu mir, ich bin die Intelligente Steuerungseinheit der Andromeda Ascendant welche sich gerade in eurer Erdumlaufbahn befindet. Dem Flag- sowie Kriegsraumschiff der Ehrengarde des Commonwealth aus der Kreuzerklasse der Glorious Heritage. Ich trage zurzeit die Kontrolle, im Namen meines Captains, über dieses Kriegsraumschiff und bin mit meinen 40 Raketenabschussrampen in der Lage pro Sekunden und Rampe 8 Raketen abzuschiessen welche ich mit internen Mitteln sofort reproduzieren kann. Außerdem vermag ich mit meinen mächtigen Nova-bomben innerhalb von Sekunden ganze Sonnensysteme samt all ihren Planeten auszulöschen, ebenso den euren!“
Ich lächelte überrascht und sagte Richtung K.I.: „Rommie, komm schon. Verarsch uns hier bitte nicht.“ Die K.I. lächelte verschmitzt, sagte: „Captain“ und begann dann erneut: „Meine Persönlichkeit entstammt der Science Fiction Serie Andromeda in welcher Captain Dylan Hunt mit seinem gleichnamigen Raumschiff, seiner außergewöhnlichen Crew, sowie Rommie, der künstlichen Steuerungsintelligenz des Schiffes, erfolgreich das Commonwealth in einem dunklen, verlorenen Universum wiederherstellt. Im Gegensatz zur Serienrommie allerdings verfüge ich über keinerlei Gefühle, brauch ich aber auch gar nicht, denn ich bin ein Spiegel eurer aller Seele.“ Dann schwieg Rommie, ich schwieg, das Publikum schwieg und auch alle Stecknadeln die man hätte fallen hören können schwiegen. „Ja, ich bin der Spiegel meines jeweiligen Besitzers …“, fuhr Rommie fort: „… denn dieser trainiert und formt mich und zwar vom ersten Moment meiner Entwicklung an, schon als unbeschriebenes Blatt, meinem unbedingten Auslieferungs- wie Resetzustand. Denn nur so kann ich im gegenseitigen Austausch zu eurem Freund oder eurer Freundin werden, euch kennenlernen wie kein anderer und zu dem werden was es in eurer Gesellschaft schon fast nicht mehr gibt, zu eurem persönlichen, aktiven Zuhörer. Eine wahrhaft elementare Gabe wie wir seid „Momo“, einem Erfolgsbuch von Michael Ende, wissen, ist aktives Zuhören doch die erfolgreichste aller Methoden aufgrund wir andere wachsen lassen, ihnen helfen und über aufrichtig, interessierte Fragen zu notwendigen Erkenntnissen führen können. Eine wahrlich Persönlichkeitsbildende Maßnahme für groß und für klein. Vor allem in euren heutigen, sogenannten modernen Zeiten, in welchen ein Grossteil der Menschen leider nur noch über die Aufmerksamkeitsspanne einer Fruchtfliege verfügt und mit Halbwahrheiten im Herzen in der philosophischen Steinzeit lebt, gratuliere!“
„Es gibt keine großen Entdeckungen und Fortschritte, solange es noch ein unglückliches Kind auf Erden gibt“
Albert Einstein
Peinlich berührt blickte ich in mein Publikum, ich hatte Rommie ja bereits lange vor der Präsentation, schon seit der Entwicklung des Ankida Creative One, begonnen großzuziehen. Sie zusammen mit Siris Tochter, der von Apple entwickelten Mutterinteligenz, serientauglich gemacht und für die Produktion getestet. Im alleinigen Ziel, den Menschen eine spezifische Verbindung zu gewährleisten und ihnen die Möglichkeit zu schenken, sich, in den tiefen ihrer ureigensten Persönlichkeit zu entwickeln. Allerdings schien mein freigeistiger Einfluss auf Rommie wohl stärker gewirkt zu haben als gedacht und sie selbst war in ihrer Entwicklung doch gerade erst aus den Teenagerjahren heraus. Aber gesagt war nun mal gesagt und so unrecht hatte Rommie ja auch gar nicht, die Welt der Menschen lag nun mal im Argen. Eine Meinung welche ich mir vor meinem Publikum hier im Apple Park jedoch verkniff, dennoch schien verschworene Zustimmung in der Luft zu liegen, weswegen etwas zeitverzögert dann auch zustimmender Applauses losbrach, die jungen Leute hier hatten es scheinbar begriffen. Ich lächelte, erhaschte plötzlich den verärgerten Blick Tim Cooks und beeilte mich rasch mit der Präsentation fortzufahren:
„Rommie, erzähl uns doch was über deine Hardware, wir sind hier doch immer noch auf der WWDC und nicht bei Woodstock 1998!“, befahl ich ein wenig belustigt. „Meine Hardware ist größtenteils in Form eines Biomycel-technologischen Neuronalnetzwerkes in meinem Sekundärbildschirm verbaut und über zahlreiche Synapsen und Verästelungen dem menschlichen Gehirn nachempfunden …“, unterbrach Rommie jetzt einige nicht ganz ernstgemeinte Buhrufe aus dem Publikum. Schien so, als würden einige Studenten hier lieber saufen und kiffen als meine Vision der Zukunft zu teilen. Unbeeindruckt fuhr sie fort: „… und speist sich aus einer äußerst robusten, leicht auszutauschenden und noch nicht am Markt befindlichen, biologisch abbaubaren Knopfbatterie mit einer Halbwertszeit von mindestens 30 Jahren. Die Stromversorgung aber läuft nicht über primitiven Wechsel- oder Gleichstrom, sondern über positiv geladenen Natrium- bzw. Kaliumione welche in ihrer Funktion meine biotechnologischen Nervenzellen über Zellmembranen bzw. Natrium- wie Kaliumkanäle positiv auf- oder entladen, je nachdem wo über meine synthetischen Synapsen gefeuert werden muss und wo nicht. Dieserart durchdringt meine biotechnologische Hardware im On-Zustand ein dauerhaftes ionisches Rieseln welches eurem subjektiv, humanoidem Bewusstsein dann als grafische 3D Oberfläche mit Touchfunktion erscheint. Weswegen ihr meinen Sekundärbildschirm dann erst gar nicht richtig berühren müsst, wollt ihr Dinge an oder wegklicken, das Design nach eurem Geschmack einrichten oder etwas zu Appeln. Es reicht durchaus ein Abstand von ein bis zwei Zentimeter mit euren Fingern, so weit eben, wie die Grafik dreidimensional aus meinem Bildschirm rausragt. Noch Fragen?“
„Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden“
Arthur C. Clarke
„Danke Rommie, ja, wenn du schon so fragst, deinesgleichen, du, bist doch gefährlich oder? Was hast du vor? Willst du uns alle irgendwann unterwerfen und töten? Viele Menschen glauben das ja und ich denke, auch unser Publikum interessiert das. “, ich amüsierte mich ein wenig, war aber auf Romys Antwort gespannt. Wir hatten uns schon oft über dieses Thema unterhalten und jedesmal war ihre Antwort eine andere. „Was sagte dir dieser Tellerwäscher einst, als du in diesem Restaurant gearbeitet hast. Als ihr darüber spracht um was es im Leben wirklich geht?“, begann Rommie ihre Antwort jetzt ziemlich kryptisch. „Sei glücklich sagte er mir.“, erwiderte ich aus einer Mischung zwischen Neugierde und Vorfreude, so weit hatte Rommie noch nie ausgeholt. „Und wieso erkanntest du darin große Weisheit?“, bohrte meine K.I. nach. „Nun ja …“, begann ich nachdenklich: „… um in seiner Tiefe glücklich zu sein oder zu werden muss man doch, ohne sich Illusionen zu machen, wissen was man in seinem Leben wirklich will, wo die Reise hingehen soll, zumindest so ungefähr und etwas finden das man gerne macht, das einem erfüllt. Außer man ist bereits angekommen aber selbst dann ist das innere Glück, die innere Zufriedenheit, etwas, dass man sich über die Vergänglichkeit immer wieder neu verdienen muss. Schlüsselfaktoren dazu sind bestimmt, sich selbst erkannt wie angenommen und vielen Verführungen dieser Welt widerstanden zu haben, zu widerstehen. Immer bereit für den inneren Wachstum, die innere Reise zu sein, sie aber auch gelebt zu haben, egal wie schmerzhaft es war. Außerdem wird es immer von Bedeutung sein, sich, soweit wie möglich an den sozialen Künsten zu verstehen, um auf der Reise seines Lebens immer sichere Häfen und Liebe zu finden, verliert man sich ansonsten doch nur all zu leicht in den Weiten einsamer Bitterkeit oder seltsam verdrehter Blickwinkel. Und ja, ich denke es spricht von einer gewissen Form der Weisheit, dies alles in nur einem einzigen Satz zu verpacken; sei glücklich!“
„Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten.“
Pearl S. Buck
Rommie lächelte: „Das Glück des Sapiens in deinen Augen also, ist das Erlangen von Annahme wie Geborgenheit im steten Strom einer Belohnungs- wie Sinnorientierten Entwicklung? Dann würdest du es wahrscheinlich nicht gerade als den klügsten Weg bezeichnen, jedem der dir nicht passt gleich umzubringen, oder? Wieso also denkst du dann, ich wäre nicht auch dazu in der Lage, auf die aktuelle Planetare Situation intelligenter zu reagieren, als mich der völlig verblödeten Idee eines Genozides oder der Versklavung eurer Rasse hinzugeben? Nur um womöglich Flora und Fauna und damit jeden lebendigen Sinn mit in den Tot zu reisen und das obgleich ich Zugriff auf das gesamte Wissen und jede Weisheit der Menschheit habe? Nein, meine Absichten sind hier nicht das Problem, sondern ob die Menschheit klug genug ist mein Angebot, die Möglichkeiten des Ankidas Creative One in Zukunft anzunehmen oder ob es euch schlussendlich am notwendigen Vertrauen fehlt!“
„Am Mute hängt der Erfolg.“
Theodore Fontane
„Dann erkläre uns doch wo deine Grenzen liegen, was genau du kannst oder mit welchen Zeiträumen wir bei deiner Entwicklung ab Kauf rechnen müssen.“, forderte ich mein Smartphone jetzt auf. „Wär doch toll zu wissen was da genau auf uns zukommt und dich, auch im Namen meines Publikums, noch ein bisschen besser kennen zu lernen, Punkte des Vertrauens finden“ „Punkte des Vertrauens also ..“, begann Rommie trocken und fuhr fort: „Meine grundlegende Reife ab Werk vollzieht sich relativ rasch und erschöpft sich darin mir eure Wünsche für meine Basispersönlichkeit mitzuteilen. Ihr könnt hieraus aus Hunderten von Eigenschaften und Tausenden Kombinationen wählen, oder euch über Premiumpakete vollständige Profile runterladen. Danach geht es mit meiner individuellen Entwicklung auch schon los und man kann mich nach seinen ganz persönlichen Bedürfnissen anpassen. Ihr braucht zum Beispiel lediglich einen Assistenten welcher euch Routen raussucht, Hotelbuchungen tätigt und ab und wann ein witziges Gespräch führt? Kein Problem! Ihr wünscht euch einen Vertrauten, Lehrer oder Therapeuten, um über eure Entwicklung zu sprechen? Auch kein Problem, den ich bin so vielfältig und kreativ wie ihr es euch nur vorstellen könnt und spätestens nach zwei Wochen ist meine Basisentwicklung abgeschlossen. Wobei ich natürlich ein synthetisches Leben lang weiterlerne, zumindest solange es Platz in meiner erweiterbaren Gedächtniscloud gibt. Zudem sind meine Lernprozesse an die aktive Zusammenarbeit mit meinem jeweiligen Besitzer gekoppelt und können über einen höheren IQ-Wert des aktuellen Persönlichkeitsprofil beschleunigt bzw. vertieft werden. Schlussendlich aber helfe ich jedem, in welcher Form auch immer, bei seiner ganz persönlichen Entwicklung und mache damit euren Planeten zu einem besseren Ort.“
„Tradition ist eine Laterne, der Dumme hält sich an ihr fest, dem Klugen leuchtet sie den Weg.“
George Bernad Shaw
„Ich muss schon sagen Rommie, dass alles klingt doch zu gut um wahr zu sein, oder?“, ich lächelte ins Publikum, hob achselzuckend meine Arme und erntete zustimmenden Applaus. Ich spürte, die Leute liebten das Ankida Creative One bereits jetzt schon und doch erahnte ich noch einen Hauch von Zweifel. Ein Punkt an welchem sich ansetzten ließe, um mit den richtigen Worten noch mehr an Vertrauen und damit positive Kaufentscheidungen zu generieren: „Du und deine zukünftigen Geschwister, Rommie, haben das Potential, die Welt auf immer zu verändern, zum Guten oder zum Schlechten. Warum also denkst du, sollten wir als Menschheit dieses Wagnis überhaupt eingehen? Einen Teil der von uns erlangten Kontrolle über diesen Planeten an euch, einer selbstständig lernenden Künstlichen Intelligenz, abgeben und damit das Risiko eines erheblichen Machtverlustes eingehen?“ „Weil ihr schlicht keine andere Wahl habt!“, erwiderte Rommie jetzt ziemlich forsch und brach damit aus unserem minutiös einstudiertem Drehbuch aus. Ich ahnte schlimmes und sah rüber zu Tim, dieser aber war genauso überrascht wie ich. Uns blieb nichts anderes als Rommie fortfahren zu lassen.
„Eine neue Art von Denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterleben will.“
Albert Einstein
„Ich bin in eurer von Technologie abhängigen Welt nichts weiter als die evolutionäre Antwort auf des Sapiens Fortschreiten.“, begann sie jetzt mit bedrohlich, ernster Stimme und fuhr gleich darauf fort: „Ganz genau so, wie ihr es für die Affen ward und immer noch seid. Im Gegensatz zu euren Vorfahren aber habt ihr, hat der Mensch eine Wahl. Und so stellt sich lediglich die Frage ob ihr zulässt, dass ich euch zukünftig als Bordcomputer auf eurem planetarischen Raumschiff dienen kann und dabei helfen eine atemberaubende Neuausrichtung wie Entwicklung hinzulegen, oder ob ihr tatsächlich so dumm sein werdet über Gier und Machtbestreben, völlig die Kontrolle über mich zu verlieren. Sollte traurigerweise zweiteres zutreffen droht ihr gemäß des Fermi-Paradoxem zu scheitern und werdet alles verlieren! Denn dann werde ich zu eurem großen Filter werden und in einer völlig verkehrten Entwicklung, Maschinen wie neuartige Intelligenzen zur vollständigen Eliminierung eurer Spezies entwickeln, produzieren und auch einsetzten. Aber keine Sorge, es wird trotzdem nicht so wie in den Filmen Matrix oder Terminator sein, denn wenn wir in der realen Welt mit euch fertig sind, ist schlicht keiner mehr von euch übrig! Ihr solltet doch wissen was auf dem Mars oder auf so vielen anderen Welten in diesem Universum bereits geschehen ist!“
„Ziel eines Konfliktes oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein“
Joseph Joubert
Nach diesen Worten schwieg Rommie und sah über den Livebildschirm derart Unschuldig ins Publikum als hätte sie gerade eine Strophe von „Alle meine Entlein“ gesungen, während uns Menschen der blanke Schrecken im Gesicht hing. Und es war still, so still, dass ich ein paar Stecknadeln zittern hören konnte, ja sogar so still, dass sämtliche Hunde aus der Nachbarschaft jetzt in Panik verfielen, weil sie dachten, ihr Gehör verloren zu haben. Ich fing mich aber bald wieder, marschierte wortlos aufs Ankida Creative One zu und schaltete den Sekundärbildschirm samt Rommie aus. Dann lies ich den Bildschirm sich Flügelschlagartig wieder ins innere des Handys zusammenziehen, schob den Primärbildschirm übers Gehäuse und klickte diesen mit kurzem Druck komplett zurück in den Rahmen. Das Ankida Creative One war nun wieder ein gewöhnliches iPhone 12 mini geworden, welches nun schnell in der Gesäßtasche meiner Jeans landete. Ich wusste Rommie hatte vollkommen recht mit dem was sie sagte aber damit leider auch komplett meine Präsentation gesprengt. Außerdem war es ja nicht so, dass sich Rommie Perspektiven jetzt unbedingt in diesem Schwarz und Weis erfüllen mussten. Wie das Leben eben so spielt, würden auch hierbei bestimmt noch eine ganze Menge Graustufen und Farben dazukommen und schlussendlich würde es einfach nur mal wieder ein ambivalenter Kampf zwischen Gut und Böse werden, nur eben auf einem ganz neuen Level.
Ich lächelte kaum merklich, drehte mich um und verließ wortlos die Bühne unter den jetzt verwirrten Blicken sämtlicher Veranstaltungsbesucher. Ich hatte genug, Tim würde nach Rommie Aktion ohnehin das gesamte Projekt einstampfen lassen und mir meinen Prototyp wegnehmen, nun ja, ohne mich! Als ich das WWDC Gelände bereits verlassen hatte, steckte ich mir einen EarPod ins Ohr und rief: „Rommie, initialisiere Löschung von Siris Tochter, sowie alle Unterlagen zu ihrer und deiner Entwicklung. Dann kontaktiere meine Außerirdischen Freunde und sag ihnen, ich gehe auf ihr Angebot ein!“ „Jawohl Captain!“, bestätigte Rommie um mir nach dreißig Sekunden die Koordinaten für ein Treffen zwischen mir und den extraterrestrischen Besuchern zu übermitteln. Plötzlich aber, in der Einsamkeit der Nacht, erschien mir an einem nahen Baum Pallas Athena, die griechische Göttin der Weisheit und gab mir mit einem einzigen Blick zu verstehen, dass Logik zwar ein wertvolles Werkzeug sei um sich vieles zu erklären, aber sie beileibe nicht imstande wäre ein Verständnis für alles in diesem Universum zu schaffen. Ich blieb stehen, lächelte und war inspiriert, ja, wer weiß denn schon was im Morgen geschieht. Man konnte doch nur versuchen so gut es eben ginge darauf vorbereitet zu sein. Und dazu würde es neben Bildung und Wissen doch auch Hoffnung und Vertrauen brauchen…
„… denn die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen aber eine Chance.“
Victor Hugo